Olivia ist glücklich in Ontario

„Ich war selbst überrascht, dass ich kein Heimweh habe...“

Zehn Monate im Ausland? Das war für die 15-jährige Olivia aus der Nähe von Stuttgart eine zwiespältige Angelegenheit. Einerseits wollte sie unbedingt diese Erfahrung machen, andererseits war sie unsicher: „Ich habe mich am Anfang ziemlich schwer mit dem Gedanken getan, so lange weg zu bleiben“, erinnert sie sich. „Zuerst waren auch nur fünf Monate geplant, nun bleibe ich zehn Monate. Ich hatte wirklich Angst vor Heimweh, habe mir solche Sorgen gemacht und mich innerlich drauf eingestellt, Heimweh zu bekommen und dass es eine schlimme Zeit wird.“ Jetzt lebt die Schülerin schon fast vier Monate in Wasaga Beach (Ontario) und fühlt sich sehr wohl: „Ich hatte noch keinmal Heimweh. Ich telefoniere immer wieder mit Eltern und Freunden, aber Heimweh hatte ich noch nie.“

 

Die Idee, ein Auslandsjahr zu machen, hatte Olivia von anderen Gastschülern. „Ich habe von vielen Leuten gehört, dass sie ein Auslandsjahr machen und dass das so cool sei. Dann habe ich mit meinem besten Freund darüber geredet und er wollte auch unbedingt weg. Ich wollte auch unbedingt besser Englisch lernen – so war die Entscheidung getroffen.“ 

Danach informierte sich Olivia im Internet wohin sie gehen könnte. „Amerika stand nicht zur Debatte. Ich fand es dort unsicherer und auch das Schulsystem nicht so toll. Außerdem war schon ein paarmal in den USA“, erinnert sie sich. „Dann habe ich mich zwischen Neuseeland und Kanada entschieden und da ich die Natur so gerne mag und es ist hier einfach so schön ist - und ich liebe Schnee – habe ich mich für Kanada entschieden.“ Heute weiß die 15-Jährige, dass ihre Entscheidung richtig war: „Das ist die beste Wahl, die Schulen sind gut, die Menschen sind so nett, die Natur ist so schön. Im Sommer kann man baden und im Winter kann man Skifahren. Es war einfach die beste Entscheidung.“

 

Ankunft in Kanada

Olivias Ankunft in Kanada war aufregend. „Ich bin mit einer großen Gruppe von Breidenbach hier hergeflogen, eine davon ist mittlerweile eine richtig gute Freundin geworden“, erzählt sie. „Als wir ankamen, wollten wir unsere Aufenthaltsgenehmigung abholen. Ich war sehr aufgeregt, da es nun losgehen würde, vom einen Moment auf den anderen. Ich musste Englisch reden und plötzlich waren alle anderen weg und ich war allein. Ich habe keinen mehr gefunden.“ So machte sich Olivia selbst auf die Suche nach ihrem Gepäck und  ihrem Sperrgepäck und irgendwann hatte sie alles beisammen. „Als ich das geschafft hatte, bin ich glücklich rausgelaufen.“ 

 

Ein Fahrer holte die Schülerinnen und Schüler vom Flughafen ab und brachte sie zu den Gasteltern. „Nachdem alle anderen Jugendlichen abgegeben wurden, war Olivia an der Reihe. Meine Anspannung war so hoch und ich war so aufgeregt, meine Gasteltern endlich kennenzulernen. Als ich ankam haben sie mich freudig gegrüßt und waren so froh dass ich endlich da bin.“ Nach einem gemeinsamen Abendessen ging es für Olivia schnell ins Bett. Am nächsten Tag bekam sie dann eine Stadtführung durch Wasaga Beach und sie lernt die Kinder kennen. 

 

Teil der Gastfamilie

Seit August lebt Olivia nun in ihrer kanadischen Gastfamilie. Gemeinsam mit ihren Gastelern, ihren Gastgeschwistern Oliver (7) und Mia (9) und zwei Hunden wohnt sie am Rand von Wasaga Beach in einem Haus. Olivia hat ihren eigenen Bereich im unteren Stock des Hauses. „Wir wohnen in einer ruhigen Straße direkt am Fluss“, beschreibt die 15-Jährige. „Meine Gastfamilie hat Kanus und damit sind wir oft auf dem Fluss unterwegs.“

 

Olivias Gasteltern arbeiten beide als Lehrer. „Sie sind supernett, alle sind so offen, sie nehmen mich überall hin mit“, freut sie sich. „Mein erstes richtiges Familienerlebnis war Thanksgiving. Dabei habe ich alle kennengelernt, mit allen gefeiert und alle haben mich freundlich aufgenommen. Sie haben mir auch gesagt, dass ich nächstes Jahr wiederkommen kann und ich hatte richtig das Gefühl, dass ich schon zur Familie gehöre.“ 

 

Schulleben in Kanada

Jeden Morgen fährt Olivia rund 20 Minuten mit ihrer Gastmutter nach Collingwood zur Schule, dem Collingwood Collegiate Institute. „Meine Schule ist sehr groß“, erzählt sie. „Es sind etwa 1.300 Schüler, meine Klassen sind immer unterschiedlich groß, in den meisten Klassen sind rund 15 Jugendliche.“ Olivia besucht vier verschiedene Kurse: Nähen, Kochen, Englisch und Französisch – außerdem besucht sie in ihrer Lunch-Pause eine Musikklasse.

 

„Musik ist mein absolutes Lieblingsfach“, erklärt die 15-Jährige. „Außerdem ist es total cool, Teil einer Band zu sein. Dort sind die besten Kids. Ich bin in einer Marching-Band und wir gehen gemeinsam auf Tour. Das macht so Spaß.“ Doch auch im Englischunterricht hat Olivia viele nette Menschen kennengelernt. „Ich habe insgesamt relativ schnell Freunde gefunden“, findet sie. „Klar hat es seine Zeit gebraucht. Aber ich bin auf die anderen zugegangen und mittlerweile habe ich echt richtig gute Leute an meiner Seite.“ 

 

Freude an Musik

Außerhalb der Schule besucht Olivia mehrere Bands. „Ich spiele Saxophon und habe hier zusätzlich angefangen, French Horn zu spielen“, erklärt sie. „Das macht großen Spaß und ich wollte das schon immer mal lernen. Meine Musiklehrerin unterrichtet mich nun darin – das ist wirklich klasse.“ Die Marching-Band-Tour, an der Olivia teilnehmen durfte, ist bislang das schönste Erlebnis in Kanada für sie gewesen. „Wir sind zwei Wochenenden weggefahren und durften auf verschiedenen Paraden marschieren“, erklärt sie. „Abends im Hotelzimmer habe ich dann viele neue Freunde kennengelernt. Ich war mit wildfremden Leuten in einem Zimmer, die ich am Anfang gar nicht kannte.  Mittlerweile sind das meine engsten Freunde und sie sind supernett.“ 

 

Für Olivia ist das Auslandsjahr bislang ein voller Erfolg und sie rät allen zukünftigen Austauschschülern: „Habt spaß, lasst euch drauf ein, genießt die Zeit. Meine größte Angst war das Englischreden, und dass ich nichts verstehen könnte. Das ist aber überhaupt nicht so – im Gegensatz, ich bin nun klasse im Englischen und muss manchmal schon überlegen, um auf deutsche Wörter zu kommen.“