Elena lebt für fünf Monate in Victoria
Bis Ende Juni lebt die 14-jährige Elena aus der Nähe von Stuttgart nun in Victoria – der Hauptstadt der Provinz British Columbia. Das Viertel Oak Bay, in dem die Schülerin bei einer Gastfamilie wohnt, ist eine schöne, grüne Gegend mit netten Läden, Galerien und Cafés. Für kanadablog.de hat Elena schon kurz nach ihrer Ankunft einen Einblick in ihr Leben während des Auslandssemesters gegeben. Im Interview erzählt sie von ihrer Schule, neuen Freunden und der Entscheidung, nach Kanada zu gehen.
Hallo Elena, schön, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast. Seit wann bist du denn nun in Kanada?
Ich bin gerade erst Ende Januar angekommen und werde für 5 Monate in Kanada sein. Wenn Ende Juni das zweite Semester beendet ist und ich die Prüfungen hinter mir habe, dann fliege ich wieder zurück nach Deutschland. Dort wohne ich in einem kleinen Dorf in der Nähe von Stuttgart.
Wie lebst du in Kanada?
Ich wohne bei meinen Gasteltern Michelle und Bruce. Sie arbeiten beide von zuhause. Meine Gastgeschwister sind Kirsten, sie ist 16, und die elfjährigen Zwillinge Jonathan und Elizabeth. Kirsten geht auch auf meine Schule. Alle Familienmitglieder sind sehr nett, offen, lieb und verständnisvoll. Als ich in Kanada ankam, war ich zum Beispiel sehr gejetlagt. Ich kam um 16 Uhr hier an, in Deutschland wäre es 1 Uhr nachts gewesen. Dann war noch wach bis 20 Uhr. Und da waren alle sehr offen und haben gesagt, dass ich falls ich nachts wach werde, auch einfach aufstehen und an den Kühlschrank gehen kann, wenn ich Hunger habe. Wir wohnen hier in einem Haus, in dem ich mein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad habe. Mein Zimmer im Keller, aber das ist ein ganz freundlicher Keller - schön eingerichtet. Insgesamt ist es ein hübsches und gemütliches Haus.
Das Viertel Oak Bay, in dem wir leben, ist ein bisschen Vorstadt-mäßig und eine schöne Wohngegend. Von dort komme ich gut zur Schule, der Bus fährt alle 10-20 Minuten und ich komme auch schnell in die Innenstadt. Zuhause ist das nicht so, das ist schon sehr geschickt hier.
Wie war dein Abschied aus Deutschland?
Der war schon sehr traurig, aber ich habe mich auch immer gefreut auf Kanada. Anfangs war der Gedanke noch weit weg, aber mit der Zeit bin ich immer aufgeregter geworden. Vielleicht kennen auch andere Austauschschüler das Gefühl, dass man gegen Ende, wenn es an den Abschied geht, alles zuhause viel mehr zu schätzen beginnt: Freunde und Familie und so. Natürlich war ich sehr traurig, als ich mich von allen verabschieden musste. Ich habe viel geweint, weil ich realisiert habe, dass ich mein tolles Umfeld erst einmal verlasse. Ich dachte: Warum mache ich das denn? Wieso gehe ich ins Ausland? Aber gleichzeitig habe ich mich auch mega gefreut und das war kein Grund für mich, nicht zu gehen. Kurz vor dem Abflug dachte ich, der Abschied wäre schlimmer. Aber am Flughafen und während des Flugs war es dann gar nicht mehr so schlimm, ich war voller Vorfreude, ein neues Leben kennenzulernen.
Breidenbach Education hat dir ja – wie den anderen Teilnehmern auch – mit der Vorbereitung deines Aufenthalts geholfen. Hat mit deinem Flug und der Organisation alles gut geklappt?
Der Flug hat gut geklappt. Ab Frankfurt bin ich schon ein paar Mal geflogen, aber das Einchecken und die Sicherheitskontrolle – das alles habe ich noch nie alleine gemacht und nie wirklich drauf geachtet. Das war schon neu. Ich bin mit zwei Freundinnen geflogen, die auch nach Kanada in andere Orte geflogen sind. Wir sind erst nach Vancouver geflogen. Es war ein entspannter Flug mit leckerem Essen. Die Ankunft hat gut geklappt. Dann mussten wir den richtigen Ort finden, wo unsereGepäck war und dann wieder einchecken... Mit einem kleinen Inselhopper ging es dann für mich nach Victoria. Es war witzig, in so einem kleinen Flugzeug zu sitzen und der Fug hat dann auch wirklich nur 10 Minuten gedauert. In Victoria hatte ich super schnell mein Gepäck und dann stand da auch schon meine Gastfamilie und hat mich begrüßt.
Wie war dein erster Eindruck von Kanada?
Ich habe im Vorhinein gehört, dass Kanadier sehr offen, nett und höflich sind. Mein erster Eindruck war dann genau so: Die Leute sind unfassbar nett. Sie sind aufgeschlossen und höflich. Ich bin es nicht gewöhnt, dass Leute auf einen zukommen und Komplimente machen: Coole Ohrringe, tolle Haare oder so. Alle scheinen viel ehrlicher und herzlicher. Einfach herzensgute Menschen. In Deutschland redet kaum einer mit dem Busfahrer. Hier sagt jeder Hallo, Danke und so – es gibt immer einen kleinen Plausch und die Fahrer sind zu Scherzen aufgelegt. Wie gesagt: Ich habe damit gerechnet, dass die Menschen nett sind, aber dass sie so nett sind, habe ich nicht gedacht.
Lief dein Start in der Schule auch so positiv?
Ich gehe auf die St. Andrews Regional High, das ist eine katholische Schule. Dort habe ich die Fächer English, Sport, Psychologie, Mathe und Social Studies belegt. Der Start dort ist ganz gut verlaufen. Klar, zu Beginn war ich eben die „neue Schülerin“ und hatte noch keine Freunde. Das war schon ungewohnt. In Deutschland hatte ich immer jemanden zum reden, hier kannte ich keinen. Aber es sind viele auf mich zugekommen und haben auch gefragt, wie es in Deutschland ist und wie es mir geht. Small Talk eben. Aber schon bald darauf ging es dann recht schnell: In meiner Gym-Class sind ein paar Mädchen, mit denen ich jetzt gut befreundet bin. Die sind gleich auf mich zugekommen und haben gefragt, ob ich mit Volleyball spielen will. Auch die Lehrer sind ungemein engagiert, hilfsbereit und offen. Sie sind es gewöhnt, mit Internationals zu arbeiten. Die zweite Woche in der Schule war dann auch schon viel einfacher. An dem Wochenende dazwischen war ich auf einem Camp, dort waren auch Leute aus meiner Schule. Dadurch hatte ich die Chance sie besser kennenzulernen. Ich bin echt froh, dass ich da hingegangen bin. Mit vielen, die da waren, bin ich echt gut befreundet.
Gibt es große Unterschiede zu deiner Schule in Deutschland?
Äußerlich nicht so krass. In Kanada gibt es eben diese riesigen Locker, also Spinde mit einem Schloss, wie im Highschoool-Film. Außerdem die gelben Schulbusse. Der Unterricht ist schon sehr
unterschiedlich, weil die Kanadier ein ganz anderes Schulsystem haben. Wir haben vier oder fünf Fächer und die jeden Tag – das ganze Semester lang. Jeden Tag die gleichen Fächer! Aber das ist gar
nicht mal so schlecht. Zusätzlich haben wir noch freie Stunden in denen soziales Zusammenarbeiten gefördert wird oder in denen Lehrer uns Nachhilfe bei Themen geben, bei denen wir Schwierigkeiten
haben.
Kannst du deinen Alltag ein wenig beschreiben?
Ich gehe zwischen 7:40 und 8 Uhr aus dem Haus zum Schulbus. Es kommt natürlich drauf an, wo man wohnt – wer direkt neben der Schule wohnt, für den reicht es um 8:20 Uhr aus dem Haus zu gehen. Von 8:30 bis 15:05 Uhr bin ich dann in der Schule. Das ist nicht schlimm. In Deutschland ist die Mittagsschule oft anstrengend, in Kanada nicht wirklich. Es gibt ja die Mittagspause und die freien Stunden. Es ist immer ziemlich cool. Es stört mich nicht, dass die Schule so lange geht. Montags habe ich einen zusätzlichen Kurs, in dem wir das Bühnenbild für das Schul-Theaterstück gestalten – zum Thema „Pink Panther“. Dann bin ich immer bis 17:30 in der Schule. Sonst erledige ich an den Nachmittagen meine Schulaufgaben, mache etwas mit der Gastfamilie oder hänge ab. Mittwochs haben wir früher aus – um 13 Uhr. Dann gehe ich mit Freunden in die Stadt. Momentan ist noch nicht so tolles Wetter, der Strand macht nicht so viel Sinn aber wir gehen Shoppen oder laufen durch die Innenstadt. Die Innenstadt von Victoria ist wirklich hübsch, da kann man viel machen, am Hafen, in der Mall und so weiter. An den Wochenenden habe ich bisher noch nicht so viel gemacht, da es die letzten Tage ziemlich viel geschneit hat.
Am ersten Wochenende hast du aber an einer Camp-Ausfahrt teilgenommen, oder?
Ja, das stimmt. Ich war beim katholischen Camp Homewood auf Quadra Island dabei. Das kann ich total empfehlen. Obwohl ich selbst nicht sooo religiös bin, habe ich mich sehr wohl gefühlt. Es war echt
gemeinschaftsstärkend und die Atmosphäre war richtig cool. Alle haben gesungen und mitgemacht - ich habe sowas noch nie erlebt. Wir sind auch Segeln gegangen und waren in einem Hochseilgarten
klettern.
Spielt Heimweh für dich eine Rolle?
Momentan nicht wirklich – ich dachte, ich hätte viel mehr Heimweh. Klar kommt es manchmal ein bisschen hoch, wenn ich mich allein fühle. Vor allem in der ersten oder zweiten Woche. Da war es noch ein bisschen schwieriger, wenn ich mal in einem Kurs saß, in dem ich noch niemanden richtig kannte. Alle redeten miteinander und ich war nicht so mit dabei. Aber ich habe versucht, so offen wie möglich zu sein und auf die anderen zuzugehen. Dabei musste ich manchmal ganz schön über meinen eigenen Schatten springen. Ganz offen habe ich gefragt: ‚Hast du Lust, mit mir in die Stadt zu gehen?‘ oder so. So habe ich meine Freundin Abby kennengelernt. Sie hat mich dann ihren Freunden vorgestellt und so lernt man immer mehr Leute kennen. Also ich glaube, mittlerweile kennen mich hier wirklich alle. Auch weil es eine kleine Schule ist.
Danke Elena für dieses tolle Interview und deine vielen Eindrücke aus den ersten Wochen in Kanada. Wir freuen uns schon sehr auf weitere Berichte von dir!