Kanada ist perfekt: Es ist weltoffen, vielfältig und sicher – und wir haben ein großartiges Schulsystem

Dr. Phil Jarvis im Interview über Privatschulen in Kanada

Miriam Schreier von Breidenbach mit Gespräch mit Dr. Phil Jarvis
Miriam Schreier von Breidenbach mit Gespräch mit Dr. Phil Jarvis

Dr. Phil Jarvis war viele Jahre Director of Admission der Shawnigan Lake School (Vancouver Island, BC) und später auch Direktor einer führenden Privatschule in Massachusetts (USA) und kennt sich mit dem kanadischen Schulsystem bestens aus.

Im Interview mit Miriam Schreier von Breidenbach Education erklärt er für kanadablog.de, was der Unterschied zwischen „Independent Schools“ und Private Schools" ist, weshalb Kanada für ein Auslandsjahr perfekt ist und wie deutsche Schüler dadurch für ihre Zukunft profitieren können.


Hallo Herr Dr. Jarvis, schön, dass Sie uns für ein Interview zur Verfügung stehen. Wir starten gleich mal mit einer Verständnisfrage: „Private School“ und „Independent School“ – wo liegt denn da der Unterschied?

Viele denken, dass “Private Schools” und “Independent Schools” das gleiche sind, aber es gibt einen Unterschied. Private Schools"  müssen immer Profit machen, „Independent Schools“ nicht ausschließlich. Der Grund warum es trotzdem immer wieder Verwechslungen gibt ist, dass alle „Independent Schools“ auch gleichzeitig „Private Schools“ sind, aber nicht umgekehrt. Die „Independent Schools“ können mehr leisten als die Private Schools"  und sie haben nicht den Druck, ausschließlich Profit machen zu müssen. Sie sind – wie der Name schon sagt – unabhängig, da sie auf Fundraising basieren. Wenn man großartige Einrichtungen schaffen und einzigartige Angebote bieten möchte, muss man zusätzliches Geld beschaffen. Das kommt im Fall der „Independent Schools“ zum Großteil von Eltern und Alumni.


Was ist der Unterschied zu den öffentlichen Schulen in Kanada?

Privatschulen in Kanada: kleine Klassen und viel Programm
Privatschulen in Kanada: kleine Klassen und viel Programm

Den Unterschied zwischen Privatschulen und staatlichen Schulen könnte man mit den Verben pflichtmäßig” oder „verbindlich“ beschreiben. Ich weiß, das hört sich erst einmal nicht besonders positiv an, aber dadurch, dass wir darauf bestehen, dass unsere Schüler verschiedene zusätzliche Angebote belegen, zeigen wir ihnen, was möglich ist. Sie müssen also in jedem Halbjahr einen Sport belegen und auch etwas Künstlerisches – Musik, Kunst oder Theater. Das ist alles Teil des Programms und schafft eine abgerundete Erfahrung für die Jugendlichen. Kinder werden also ein Stückweit dazu gezwungen Neuland und Dinge auszuprobieren, wofür die sie anderswo gar keine Möglichkeit hätten – auf jeden Fall nicht in Deutschland. Alles was man hier in außerschulischen Vereinen macht, gibt es bei uns an den Schulen – es ist ein ganz anderes Konzept.



Wie profitieren die Schüler von all diesen Möglichkeiten?

Wir helfen den Schülern, ihre Comfort Zone" zu verlassen. Wenn Jugendliche ihre Heimat, ihr komplettes Umfeld für eine Weile hinter sich lassen und irgendwo hinkommen wo keiner weiß wer sie sind, können sie andere Aspekte ihrer Persönlichkeit entwickeln. Aspekte, an die sie sich vielleicht im heimatlichen Umfeld gar nicht herangetraut hätten. Die Schulen zeigen den Schülern: Schaut euch all die Möglichkeiten an, die ihr habt. Warum probiert ihr nicht mal etwas Neues aus? Es ist wie eine große Speisekarte aus der man wählen kann – wie eine Fahrt nach Disneyland. Und bei den „Independent Schools“ kann man eben nicht nur wählen, man muss es tun. Und es ist für jeden etwas dabei – die Jugendlichen können dadurch Fähigkeiten entwickeln, von denen sie nie für möglich gehalten hätten, dass sie sie besitzen. Ich wünschte, ich hätte mit 16 Jahren eine solche Chance gehabt. 


Wenn ich mich an einer Privatschule oder einem Internat bewerben möchte, was muss ich mitbringen?

 

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Schüler der Glenlyon Norfolk School in Victoria, BC

Das wichtigste ist meines Erachtens ein guter Charakter. Denn wer zum Beispiel auf ein Internat geht, für den wird die Schule zum „Home away from home“. Das ist das erste. Außerdem müssen die Schüler natürlich auch eine gute Schulbildung und gute Noten haben. Was ich noch sehr wichtig finde ist eine Art eigenständiger Geist der Schüler – sie müssen bereit sein, ihr zuhause zu verlassen und ihre Flügel auszubreiten und loszufliegen. Dazu gehört auch, sich auf die neue Lebenssituation einzulassen.
Die Jugendlichen sollten bereit sein, komplett in dieses neue kanadische Leben einzutauchen. Darum geht es bei einem solchen Auslandsjahr und dadurch werden sie dann auch viel profitieren. Nur so lernt man die Sprache auf einem höheren Level, sie werden Englisch danach ganz natürlich beherrschen. 

 

 

Warum sollte man für ein Auslandsjahr gerade nach Kanada gehen?

 

Nun ja, Kanada ist ein offenes Land, ein vielfältiges Land, ein sicheres Land. Das sind die wesentlichen Dinge. Wenn es um die Bildung geht, steht Kanada in den internationalen Studien immer sehr gut da. Und natürlich können gerade die Privatschulen ihren Schülern noch mehr bieten. Allgemein gibt es schon große Unterschiede zum deutschen Schulsystem. Internationale Schüler berichten mir immer wieder, wie warmherzig, freundlich, zugänglich und offen unsere Lehrerschaft ist. Die Lehrer sehen die Schüler als Individuen, so kann sich jeder besser eingewöhnen und in der Schule wohlfühlen. In Privatschulen ist man zusätzlich nochmal enger. Und – nicht zu vergessen – bei uns kann man gut Skifahren. (lacht)



Welche Chancen ergeben sich für die Schüler, wenn sie eine Privatschule in Kanada besuchen?

 

Eine solch weitreichende Erfahrung wie ein Auslandsjahr wird ihren Horizont erweitern und ihr ganzes Denken verändern. Sie lernen Schüler aus vielen verschiedenen Ländern kennen und werden Teil der kanadischen Gesellschaft. Durch Ausflüge lernen sie die Natur kennen und erfahren viel über eine andere Kultur, ihr Englisch verbessert sich merklich. Viele der Austauschschüler kommen auch zurück, wenn nicht direkt nach dem Abitur, dann für ein Masterstudium in Kanada. Und auch wer sich für eine Arbeitsstelle bewirbt, kann mit dem Auslandsjahr punkten. Man zeigt damit, dass man unabhängig und selbstständig ist und auch mal seine Komfortzone verlassen kann. 



Eine letzte Frage: Welchen Herausforderungen stellen sich die Schüler, wenn sie sich auf ein Auslandsjahr in Kanada einlassen?

Sie müssen vor allem den ersten Schritt wagen. Wer zuhause wenig selbstständig gelebt hat, für den alles gemacht wurde, der wird sich erstmal umschauen. Aber wenn man dann mal alles alleine schafft, macht einen das auch sehr stolz. Und wenn die Schüler frisch ankommen, sollten sie die Flinte nicht zu schnell ins Korn werfen – auch wenn nicht sofort alles so klappt, wie sie wollen. Es gab schon Schüler, die nach zwei Stunden zu mir kamen und ihren Zimmerpartner tauschen wollten. Zu denen sage ich: Lass dir zwei Wochen Zeit. Nach zwei Tagen war dann alles gut. Klar, wenn es gar nicht klappt, reagiert die Schule natürlich – aber normalerweise klappt es. Die Schüler brauchen Ausdauer und Vertrauen. Ich kann nur raten: Beruhigt euch, seid offen! Das gleiche gilt oft auch für die Eltern, die können nämlich manchmal über-beschützend sein. Alle müssen offen für kulturelle Unterschiede sein und die Jugendlichen müssen sich anpassen. Wer das schafft, der kann eine einmalige Zeit haben, die einen positiv fürs ganze Leben prägt.


 

Herr Dr. Jarvis, ich bedanke mich herzlich für das spannende Interview.  

 

 

Danke auch, es war mir eine Freude.