Tabea besteigt den Gipfel
Als Tabea am nächsten Morgen in ihrem Zelt aufwachte und sich anziehen wollte, merkte sie, dass ihre Schnürsenkel gefroren waren. „Auch die Rucksäcke und der Boden waren eisig“, erinnert sie sich. So schnell wie möglich zog die 15-Jährige sich an und ging zum Frühstück. „In der Hütte haben wir dann unsere Rucksäcke gepackt“, erzählt Tabea. „Diesmal die kleinen, denn bei einer solch anspruchsvollen Wanderung macht jedes Gramm einen Unterschied und die großen Rucksäcke wogen ja fast 20 Kilo.“ Danach ging es los – immer weiter bergauf, immer mit dem Ziel des Community Recreation Kurses (www.commrecextreme.com)im Kopf: „We will tagg the Tusk.“
Teil eins von Tabeas Wanderung, in dem ihr lesen könnt, wie Tabea den ersten Teil dieses aufregenden Wochenendes verbracht hat, findet ihr
hier:
Tabeas erstes großes Abenteuer in
Kanada
Zu Beginn war der Weg noch einfach, die Steigung nicht allzu steil. „Zwischendurch haben wir immer mal wieder gestoppt, um Vögel zu füttern“, erzählt Tabea. „Außerdem wurde uns auch das richtige Verhalten gegenüber Bären gezeigt.“ Mit einem atemberaubenden Blick auf den Garibaldi Lake wanderte die Gruppe weiter hinauf. Am letzten längeren Stopp hatten sich die Kleingruppen aufgelöst – jeder wanderte nun mit wem er wollte. Der Lehrer warnte seine Schüler vor der Kälte: „Wir sollten alles anziehen, was wir hatten“, erinnert sich Tabea. „Und schon bald haben wir gemerkt wie recht unser Lehrer hatte – es wurde richtig kalt.“
Der erste Schnee der Wanderung lag vor ihnen und die Schüler mussten nun hintereinander wandern, da der Pfad steil und schmal bergauf ging. Geröll, dicke Wurzeln, Matsch und Schnee erschwerten die Trittsicherheit und die Jugendlichen brauchten eine Pause. „Wir machten einen kurzen Stopp hinter einer Geröllschneise, wo wir im Windschatten waren“, erklärt Tabea. „Dann wurde unser Lehrer richtig ernst – was wir gar nicht von ihm kannten. Da wussten wir, dass es jetzt gefährlich wird.“ Die Gruppe ließ ihre Rucksäcke bei der windgeschützten Stelle zurück – jeder brauchte nun beide Hände zum klettern und die Schüler wanderten in einem Abstand von drei Metern weiter.
Es ging immer langsamer voran – Vorsicht war angesagt. Doch die Gruppe kam näher und näher an den Tusk. An einer schwierigen Stelle wurde den Schülern noch einmal von den Lehrern geholfen, dann war endlich jeder angekommen – der Tusk war „getagged“. Alle waren erleichtert und froh und genossen die grandiose Aussicht obwohl es natürlich auch bitterkalt war. 2000 Meter über dem Meeresspiegel blickten die Schüler auf den Garibaldi Lake, das schneebedeckte Band der Berge ringsherum und die unberührte Wildnis. Mit dem dunklen Vulkangestein unter den Füßen und dem Blick über den Garibaldi Provincial Park wollte niemand so schnell wieder an die Abstieg denken, doch nach einiger Zeit gaben die Lehrer das Signal zum Aufbruch.
„Mir war mittlerweile so kalt, dass ich mir eine Jacke und einen Schal leihen musste“, erinnert sich Tabea. „Doch beim Abstieg wurde es mit jedem Schritt wieder ein klein wenig wärmer. Nachdem die Gruppe eine Dreiviertelstunde unterwegs war, wurden die Temperaturen wieder angenehmer – bei 5 Grad Celsius machten sie eine kurze Pause zum Essen. Außerdem wurden noch einmal die Kameras gezückt und die umwerfende Natur in Bildern eingefangen. Der Schnee wich Gräsern und Blumen und über einen kleinen Waldweg gelangten die Schüler zum Garibaldi Lake. Der See lag türkisblau vor ihnen und die Lehrer ließen sich noch einmal auf eine 30-minütige Pause ein. „Ein paar Jungs hatten dann die verrückte Idee, schwimmen zu gehen“, lacht Tabea. „Und es sind dann tatsächlich zehn von ihnen in dieses eiskalte Wasser gesprungen. Es war etwa ein Grad kalt – und sie hatten alle weder ein Handtuch noch Wechselklamotten dabei, verrückt!“ Dabei hatte die Gruppe immer noch etwa eine Stunde Weg vor sich. Als sie dann endlich durchgefroren und erschöpft am Campingplatz ankamen, gab es erst einmal etwas warmes zu essen.
Schüler und Lehrer erzählten sich wieder Geschichten und genossen die süßen mitgebrachten Marshmallows. Außerdem brachten die Gastschüler ihren kanadischen Freunden deutsch und brasilianisch bei und ließen den Tag Revue passieren: sie hatten so viel Spaß gehabt und die anstrengende Wanderung mit Bravour gemeistert – besonders die wunderschöne Natur hatte ihre Strapazen belohnt. Mit etwa fünf Grad Außentemperatur war es in dieser Nacht nicht ganz so kalt wie zuvor und so konnten die Schüler noch einmal Kraft tanken, bevor am nächsten Tag zurück zum Bus gewandert wurde. „Die Busfahrt zurück war genauso wunderschön wie das gesamte Wochenende“, versichert Tabea. „Es war einfach insgesamt eine unglaublich tolle Erfahrung. Die vielen Eindrücke werde ich nicht vergessen. Und das einzige Gute an der Heimkehr war die Aussicht auf eine warme Dusche!“
Quickfacts Garibaldi Lake |
See im Garibaldi Provincial Park, British Columbia |
An manchen Stellen tiefer als 250 Meter |
Türkises Wasser, aufgrund der Gletscherzuflüsse |
Lage: etwa 1500 Meter über dem Meeresspiegel |
Link: www.vancouvertrails.com/trails/garibaldi-lake/ |